Geschichte des Funkwesens |
|
Sender Breslauzusammengetragen von: Jürgen Tiedmann
Rundfunksender
Am 04.04.1924 wurde die "Schlesische Funkstunde A.G." in Breslau gegründet. Anfang Mai 1924 wurden erste Testsendungen gesendet. Am 26. 05.1924 ging die "Schlesische Funkstunde" auf Sendung. Der erste Sender war im Gebäude des Oberbergamtes in Breslau untergebracht. Er nutzte eine 37 m lange zweifache T-Antenne, die mit einem Ende an einem 27 m hohen, auf dem Gebäudedach montierten Mast, am anderen mit dem Turm der benachbarten Johanniskirche befestigt war. Er hatte mit einer Leistung von nur 0,25 kW eine bescheidene Reichweite. Trotzdem erreichte der Sender Ende 1924 ca. 39.340 Hörer und hatte Einnahmen von 230.400 Reichsmark. Im Mai 1925 wurden schon 47.000 Teilnehmer erreicht.
Am 01.12.1925 wurde eine vollständig neu erbaute Sendeanlage in Breslau-Krietern im Vorort Hartlieb (eingemeindet 1928) in Betrieb genommen. (Andere Quellen nennen den Südpark von Breslau)
Quelle: alte Postkarte 1925 bis 1933 gehörte die Schlesische Funkstunde der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RGG) an. 1931 hatte der Sender Einnahmen von 2,6 Mio. Reichsmark. Mitte 1931 wurde die Verlegung des Senders beschlossen.
In der Nähe der Ortschaft Rothsürben (18 km südlich vom Breslauer Stadtzentrum) wurde ein neuer Mittelwellen-Sender der Firma Telefunken mit einer Sendeleistung von 60 kW gebaut.
Vom 07.05.1932 bis 22.06.1932 errichtete die Firma Hein, Lehmann und Co., Berlin, einen 140 m hohen Holzturm. Es war der erste alleinstehende Holzturm, der mit einer 5 m hohen Spitze und einem achteckigen Kapazitätsring von 10,6 m Ø zur elektrischen Verlängerung ausgestattet war. Dies war einer Masterhöhung von 40 m gleichbedeutend. Er war derzeit der höchste Holzturm der Welt. Die Eindraht-Antenne war im Turminneren aufgehangen und etwa auf die halbe Wellenlänge abgestimmt. Sie stellte die derzeit modernste Lösung der Fadingbekämpfung dar, indem sie eine verstärkte Bodenwelle und eine verminderte Raumabstrahlung bewirkte. Die Sendeanlage baute Telefunken. Es wurde ebenfalls das Programm der "Schlesischen Funkstunde" übertragen. Die Konstruktion der Telefunken-Einturm-Antenne erwies sich als sehr erfolgreich. Die bei bisher üblichen Antennenformen äußerst unangenehmen Schwunderscheinungen im Umkreis von 70 - 200 km konnten durch diese Halbwellenantenne bedeutend vermindert werden. Im Umkreis von 80 km waren die Feldstärkenunterschiede bei bisherigen Antennen 1 : 30, bei dieser Einturmantenne nur 1 : 2. Die Werte für Entfernungen von 160 km betrugen 1 : 50 bei bisherigen Antennen und 1 : 12 bei dieser Antenne.
Quelle: [2] S. 9a Hier ist der der Holzmast zu sehen, zwischen seinen Fundamenten das Antennen-Abstimmhaus, rechts im Hintergrund der Kühlturm für die Rückkühlanlage der Senderöhren und daneben das Sendergebäude.
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 22 Die Speisung der Antenne erfolgt durch eine, etwa in 1 m Höhe, geführte sogenannte Energieleitung, bestehend aus zwei konzentrischen Kupferröhren. Im folgenden Bild rechts zu sehen.
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 22
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 22 Der von Telefunken gelieferte Sender hatte eine modulierte Antennenkreisleistung von 73 kW, war kristallgesteuert und besaß 7 Kaskaden. Die ersten vier waren in einem geschlossenen Kasten montiert:
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 23 Die Rückansicht zeigt uns rechts die Kristallstufe und Stufe 2, die Röhren der Stufen 3 und 4 im Mittelteil. Anschließend befindet sich der Modulationsverstärker, der über entsprechende Kabelendverstärker- und Messeinrichtungen über ein 25 km langes Kabel vom Funkhaus Breslau mit Energie versorgt wurde. In der fünften Stufe erfolgte die Modulation der Hochfrequenzschwingungen, die weitere Verstärkung wurde in den Stufen 6 und 7 vorgenommen. Die Stufe 6 arbeitete mit 2 Röhren von 20 kW Leistung, die Endleistungsstufe 7 war mit 2 Röhren von je 150 kW ausgerüstet. Die 150-kW-Röhren stellten zu dieser Zeit ein Meisterwerk der deutschen Technik dar. Ein Satz Reserveröhren saß, leicht umschaltbar, im Sender. Hier einige Röhrendetails: Oben die Gitterzuführung, im Mittelteil die beiden wassergekühlten Heizzuleitungen.
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 23
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 23 Das nächste Bild zeigt den Apparaturraum, welcher sich unter dem Sendersaal befand. Große Porzellantrommeln wurden vom Kühlwasser der Röhren, welches die Anoden dieser umspült und daher 12.000 Volt gegen Erde fuhrt, durchflossen und bildeten die nötige Isolation. Die in den Röhren entstandene Wärme wurde durch das Kühlwasser abgeführt, welches in einer Rückkühlanlage durch Brunnenwasser abgekühlt wurde. In den Röhren zirkulierte destilliertes Wasser, um Kesselsteinbildung zu vermeiden. Die Stromversorgung der Senderanlage erfolgte über ein Hochspannungskabel, welches 10.000 V Drehstrom führte. In einem Quecksilberdampfhochspannungsgleichrichter wurde die Anodenspannung von 12.000 V Gleichstrom (für die Stufen 5 bis 6) erzeugt, während für Heizung, Gittervorspannung und Anodenspannungen der Vorstufen rotierende Umformer verwendet wurden.
Quelle: [224] 1932, Heft 3, Seite 23 Ende 1932 waren es 234.300 Hörer. Am 24.01.1933 wurde die A.G. in die "Schlesische Rundfunk G.m.b.H., Breslau" mit Wirkung zum 1.1.1934 umgewandelt. Ab dem 01.04.1934 wurde die GmbH in eine Filiale der "Reichs-Rundfunk-Gesellschaft mbH." umgewandelt. Der Name war jetzt "Reichssender Breslau". Danach wurde die GmbH liquidiert. Am 01.12.1934 wurde die Leistung des Telefunkensenders auf 100 kW verstärkt.
1940 wurde am Standort Rothsürben eine zweite Sendeantenne in Form einer Dreiecks-Flächenantenne, welche an drei 49,9 m hohen Stahlrohrmasten aufgehängt war, errichtet. Sowohl der Holzturm als auch die Dreiecksflächenantenne wurden bis zur Betriebseinstellung wegen der vorrückenden sowjetischen Truppen verwendet. Am 07.02.1945 wurde der Sendebetrieb eingestellt und die Sendeanlagen von deutschen Truppen demontiert. Nach 1945 wurde der Sendebetrieb vom polnischen Rundfunk, unter Verwendung des alten Holzturms, wiederaufgenommen. Im Herbst 1990 wurde der 140 m hohe Holzsendeturm wegen Baufälligkeit abgerissen.
Quellen: [2], [10], [224], [258]
|