Geschichte des Funkwesens |
|
Sender Berlin - Witzleben (Funkturm)zusammengetragen von: Jürgen Tiedmann
Rundfunksender
Fernsehsender
Der Berliner Funkturm sollte einen doppelten Zweck erfüllen. Er diente zunächst als Antennenturm des Berliner Rundfunksenders und außerdem als Aussichtsturm mit Restaurant.
Nach Abschluss der 1. "Großen Deutschen Funkausstellung" wurde im Dezember 1924 mit dem Bau des Funkturms begonnen.
Ein, für diese Ausstellung, errichteter und abgespannter 120 Meter hoher Antennenmast diente hierbei als "Kran". Die eigentliche Turmkonstruktion wurde in 10 Wochen aufgebaut. Der Funkturm ist eine, 138 m hohe, Stahlfachwerkkonstruktion (vertikale Kragarmkonstruktion) wie beim Eiffelturm in Paris. Verbaut wurden ca. 600 Tonnen Stahl. Die Spreizung der Füße direkt oberhalb der Fundamente beträgt 18,5 m, der Abstand der Fundamentkanten am Boden 24,5 m. Der Funkturm wurde als selbststrahlender Sendemast gebaut, der im Betrieb unter Hochspannung stand und zu diesem Zweck auf Porzellanisolatoren steht. Zum Schutz der Besucher vor elektrischen Schlägen wurde auf eine vollständige Isolation des Funkturms verzichtet und der Turm über seinen Fahrstuhlschacht geerdet, obwohl hierdurch die Hauptstrahlrichtung des Mittelwellensenders von Berlin weggedreht wurde.
Quelle: [284] S. 3 Die Isolatoren wurden von der Königlich-Preußischen Porzellanmanufaktur (KPM) gefertigt. Quelle: [10] Quelle: [10] Denis Apel Später diente der Mast nur als Antennenträger für Fernseh- und UKW-Antennen. Der Turm war bereits im April 1925 rohbaufertig, am 25.9.1925 konnte der Sendebetrieb aufgenommen werden.
Als Antenne diente eine T-Antenne, die zwischen der Spitze des Funkturmes und einem 80 Meter hohen, abgespannten, Stahlfachwerkmast gespannt war. Quelle: [33] Die Antenne wurde durch einen 1,5 kW Mittelwellensender von TELEFUNKEN gespeist. Quelle: [33] Am 28. März 1926 erfolgte dann die Bauabnahme. Am 3.9.1926, dem Eröffnungstag der 3. "Großen Deutschen Funkausstellung" wird der Funkturm von Berlins Oberbürgermeister Dr. Böß und dem Direktor des Berliner Messeamtes Dr. Adolf Schick geweiht. Quelle: [284] S. 3 Quelle: [33] Ab diesem Tag konnten die Besucher auch erstmals die Aussichtsplattform und das Funkturmrestaurant nutzen.
Quelle: [224] 1929 Heft 15 S. 15/III
Quelle: [224] 1929 Heft 15 S. 15/IV
Quelle: [224] 1929 Heft 15 S. 15/III Am 08.03.1929 wurden durch das Reichspost-Zentralamt vom Funkturm Berlin die ersten Fernsehbilder der Welt durch Versuchssendungen der Deutschen Post drahtlos übertragen. Das Reichspost-Zentralamt führt erste drahtlose Fernsehversuchssendungen mit Hilfe eines Mihaly-Bildabtasters durch. In der Zeit von 23.10 bis 00.30 Uhr überträgt der Sender Berlin-Witzleben Fernsehbildsendungen ohne Ton auf der Welle 468 m mit 1,5 kW. Das Bild besteht aus 30 Zeilen (100 Bildpunkte bei 12,5 Bildwechseln in der Sekunde). Am 22.08.1930 wurde mit einer Rede von Albert Einstein, am Fuße des Funkturmes, die 7. "Große Deutsche Funkausstellung und Phonoschau Berlin 1930" eröffnet. Auf der Ausstellung übertrug erstmalig ein UKW-Sender das Berliner Programm. Quelle: [36] S. 240
Hörprobe: Albert Einstein eröffnet die 7. Große Deutsche Funkausstellung in Berlin
Im Frühjahr 1932 wurde der damals größte UKW-Sender der Welt in Witzleben aufgestellt. Quelle: [224] 1933, Heft 31, S. 22 Quelle: [224] 1933, Heft 31, S. 22
Ab Juli 1932 strahlte der UKW-Sender täglich aus. Gesendet wurde regelmäßig in Abständen das Berliner Rundfunkprogramm und eine Stunde Fernsehversuchssendungen. Diese dienten vornehmlich der weiteren Entwicklung der Fernsehsendetechnik, der UKW-Empfänger und des Fernsehempfangs. Am 18.04.1934 strahlt, der von "Telefunken" im Auftrag der Deutschen Reichspost errichtete 20 kW-Bildsender in Berlin die ersten Bild- und Tonsendungen aus. Hierfür wurden zuvor auf der Spitze des Turmes eine zusätzliche Antenne (zwei Ringantennen) und zwei 20 kW UKW-Sender installiert (um gleichzeitig Bild und Ton übertragen zu können). Am 22. März 1935 wurde durch den Fernsehsender Berlin Witzleben des Deutschen Fernseh-Rundfunks das weltweit erste reguläre Fernsehprogramm abgestrahlt. Gesendet wurde ein 180 Zeilen-Bild. 3 x wöchentlich 8:00 - 10:00 abends, 8:00 - 9:00 und Wiederholung 9:00 - 10:00. Am 29.05.1935 erhält der "Vater des Fernsehens" Paul Nipkow, der in diesem Jahr 75 Jahre alt wird eine hohe Ehrung. Im Rahmen eines Festaktes wird der Sender Berlin-Witzleben in "Fernsehsender Paul Nipkow" umbenannt. Die Feierlichkeiten finden im großen Sendesaal des neuen Rundfunkhauses in der Masurenallee statt.
Hörprobe: Taufe des Fernsehsenders Paul Nipkow
Am 19.08.1935, während der Funkausstellung brannte das hölzerne "Haus der deutschen Funkindustrie" ab und beschädigte auch den Funkturm mit den Sendeanlagen und dem Turmrestaurant schwer. Auch der erste "Paul-Nipkow-Sender" fiel diesem Brand zum Opfer. Das erste Fernsehstudio befand sich in der Rognitzstr. 8. Ab Herbst 1938 befand sich das neue Fernsehstudio mit kleiner Bühne am Theodor-Heuss-Platz 7-9. 1938 wurde die Fernsehsendeantenne (Ringantennen) wieder abgebaut. Hier das Fernsehprogramm der Woche vom 18. - 24.12.1938:
Hier ein interessanter Beitrag zur Sendung "Spielzeugparade" am 23.12.1938 (Erstveröffentlichung in German Tap Magazin 4/2021 - Dezember 2021) Quellen: [268], [269], [270] 1939 bis 1945, während des Zweiten Weltkrieges, diente der Funkturm als Warn- und Beobachtungsposten.
Gegen Ende des Krieges zerstörten am 19. April 1945 Granaten eine der vier Tragstreben in 38 Meter Höhe. Die Reparatur des zerstörten Turmbeins erfolgte noch 1945 mit 800 Kilogramm Schrauben und 7,2 Tonnen Stahl. 1951 wurde eine Schmetterlingsantenne auf der Turmspitze für die Abstrahlung von UKW-Hörfunk- und Fernsehprogrammen aufgebaut. Hierdurch wurde der Turm um zwölf Meter höher (150,062 m). Quelle: [33] Diese Antenne wurde durch einen 1,25 kW (1 kW Bild, 0,25 kW Ton) Fernsehsender von Siemens gespeist. Am 1.10.1951 wurde der erste UKW-Sender von Telefunken mit einer Senderleistung von 3 kW in Betrieb genommen. Am 6. Oktober 1951 wurde der Fernsehbetrieb wieder aufgenommen. Der 2 kW-Sender auf dem Dach des Gebäudes des ehemaligen Reichspost-Zentralamtes in Berlin-Tempelhof wurde durch diesen Sender des "NWDR"-Fernsehens ersetzt. Am 15.11.1954 kam ein zweiter UKW-Sender von Siemens mit einer Sendeleistung von anfangs 3 kW hinzu. Dieser wurde Anfang 1962 mit einer 0,7 kW Telefunken-Vorstufe und einer 10 kW Siemens-Endstufe nachgerüstet. Der alte Fernsehsender wurde 1958 ersetzt. Der neue Sender (ebenfalls Siemens) hatte eine Leistung von 12 kW (10 kW Bild, 2 kW Ton). Quelle: [33] Am 26.12.1958 wurden vom Funkturm die ersten Stereo-Experimentalsendungen über 2 UKW- Sender ausgestrahlt, die allerdings auch nur mit 2 Empfängern gehört werden konnten. 1962 ersetzte ein neuer 10 kW Siemens- UKW-Sender den 3 kW Telefunken-Sendern. Ein weiterer, stereotüchtiger, 3 kW Telefunken- UKW-Sender strahlte vorerst ebenfalls das Programm SFB 2 ab (in Stereo). Nach Fertigstellung des Sendemasts am Scholzplatz wurde am 15. Mai 1963 die reguläre Aussendung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen vom Funkturm eingestellt. Die meisten Fernseh- und Rundfunksendeanlagen wurden 1963 zur Sendestation Scholzplatz umgesetzt. Am Funkturm verblieben (bis 1973) der erste Telefunken- Sender aus dem Jahre 1951 als Reservesender und ein 0,25 kW Siemens- Sender für die Ausstrahlung des Gastarbeiter- Programmes (SFB 4). Im Dezember 1966 erfolgte mit diesem noch einmal die Wiederaufnahme des UKW-Sendebetriebs mit der neuen Frequenz 98,2 MHz für das Gastarbeiterprogramm. Ab 1973 wurde auch diese Ausstrahlung vom Scholzplatz übernommen und der reguläre Rundfunksendebetrieb am Funkturm endgültig eingestellt. 1989 wurden die letzten, am Funkturm installierten, Sendegeräte für Rundfunk und Fernsehen demontiert und der Turm wurde dadurch von 150,062 Meter auf 146,78 Meter verkürzt. Seitdem wird der Sendemast auf der Turmspitze nur noch für diverse andere Funkdienste, wie Polizei- und Mobilfunk, verwendet. Im Zuge der Umbauten und der späteren Nutzung als Aussichtsturm sind die Isolatoren elektrisch überbrückt und die Turmkonstruktion geerdet. Am Fuße des Funkturmes befand sich ab 1967 - 1997 das "Deutsche Rundfunk Museum", welches seitdem leider über keine eigenen Ausstellungsräume mehr verfügt. Heute steht der Funkturm, zusammen mit dem Berliner Messegelände, unter Denkmalschutz. Er wurde im Dezember 2007 für die Auszeichnung als Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland nominiert.
Quellen: [10], [33], [224]
|