Geschichte des Funkwesens |
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Sender Brockenzusammengetragen von: Jürgen Tiedmann
Rundfunksender
Fernsehsender
Der Brocken ist mit 1.141,1 m ü. NN der höchste Berg im Norden Deutschlands und somit idealer Standort zur Übertragung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen. 1928 werden mit einem 3,2 m Sender vom Brocken aus erste Ausbreitungsmessungen durchgeführt. Die Reichweiten betragen über 100 km. Im September 1934 wurden vom Reichspostzentralamt vom Brocken aus die ersten Ausbreitungsversuche im Meterwellenbereich unternommen. Empfangsversuche von Fernsehsendungen aus Berlin-Witzleben über 200 km Luftlinie verliefen erfolgreich, mit dem Ergebnis, dass bei weiterer Verbesserung der Technik die Ballempfangsversorgung eines Fernsehsenders auf dem Brocken vom Sender in Berlin möglich wäre. Im August 1935 rollten Lastzüge zum Brocken mit einem transportablen Fernsehsender, der von hier einen Versuchsbetrieb aufnahm. Es gelang die erste Fernsehübertragung vom Brocken. In ausgewählten umliegenden Ortschaften waren in Rathäusern Fernsehempfänger aufgestellt, wo man die abgestrahlte Sendung verfolgen konnte.
Hier ein Zitat aus [133] Nr. 10 von 1936:
Im Jahre 1938 wurde durch die Firma Telefunken für 500.000 RM in der jetzigen 7. Turmetage ein Fernseh-UKW-Sender aufgebaut, der über eine Reusenantenne sendete. Diese Antenne befand sich in einem Holzaufbau, der die oberen 5 Etagen des Turmes bildete. Die ersten Versuche wurden mit einem Tonsender gemacht (Modulation 800 Hz) der auf eine Reusenantenne betrieben wurde. Der Sender diente der Übertragung von Berlin-Witzleben aus ins ganze Land. Ab 1939 sollte er zur Verbreitung von Fernsehprogrammen im nord- und mitteldeutschen Raum eingesetzt werden. Jedoch kam es nach Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht mehr dazu. Die zivile Nutzung des Turmes war bereits wieder zu Ende, es begann die militärische Nutzung bis zum Ende des Krieges. Es erfolgte ein Umbau. Während des 2. Weltkrieges nutzte das Reichsluftfahrtministerium den Fernsehturm. Der Rundfunkbetrieb wurde auf bis zu 40 Sender erweitert, vorwiegend Hyperbelstörsender, Jägersprechsender, Relaisstationen für Funknetze usw., unter anderem gegen alliierte Luftangriffe. 1942 wurden die Bild- und Tonsender ausgebaut und für militärische Zwecke in Frankreich und Italien eingesetzt. Am 15. April 1945 musste jeglicher Funkverkehr auf dem Brocken eingestellt werden. Am 20.04.1945, gegen 13.00 Uhr, besetzten die amerikanischen Truppen den Brocken. Danach wurden die Sendeanlagen durch die Amerikaner weiter militärisch genutzt. Am 27.04.1947 zogen die amerikanischen Truppen ab und übergaben die Bewachung an die Ortspolizei. 1947 wurde die Diesel-Netzersatzanlage abgebaut und zum Sender Königs Wusterhausen umgesetzt.
1950 wurde die Gaststätte mit Hotelbetrieb fertiggestellt. Am 1. Mai 1951 nahm die Deutsche Post der DDR auf dem Brocken den ersten 250-W-UKW-Sender in Betrieb, der über eine Kreuzdipolantenne auf dem Turmdach sein Programm abstrahlte. Am 8. Dezember 1953 wurde die Leistung des UKW-Senders auf 1 kW erhöht und von der Schlitzrohrantenne auf dem Turm abgestrahlt. Die Kreuzdipolantenne wurde vom Turm auf das Plateau umgesetzt und als Reserveantenne betrieben. 1954 begann der Einbau eines Fernsehsenders in der 7. Etage des Turmes. Für die Bildzuleitung wurde eine Richtfunkstrecke vom Petersberg bei Halle eingerichtet. Der erste Fernsehsender der Nachkriegszeit auf dem Brocken konnte am 1. Juli 1955 mit der Übertragung des DDR-Fernsehens seinen Betrieb aufnehmen. Dieser sendete über eine Schmetterlingsantenne auf dem Plateau. Die Reichweite betrug ca. 100 km. Am 14. Februar 1956 wurde die Leistung des Fernsehsenders von 3 kW auf 10 kW erhöht. 1957 wurde die Leistung des UKW-Senders auf 10 kW erhöht. Am 6. Juli 1957 erfolgte die Umstellung des Fernsehsenders von der OIRT-Norm auf die CCIR-Norm. Am 6. Oktober 1959 wurde eine neue Fernsehsendeanlage der Firma Siemens in Betrieb genommen. Auf dem 40 m hohen Turm war ein 50 m Stahlrohrmast mit neuen Antennen für die Bänder II und III aufgebaut worden. Dieses Bauwerk hat über viele Jahrzehnte die Brockenansicht geprägt. Im Frühjahr 1960 wurde, anlässlich eines Besuches Chrustschows in Westeuropa, eine mobile Richtfunkstrecke Typ TM 110 von und nach dem Sender Torfhaus im Westharz in Betrieb genommen. Sie wurde für viele Jahre die einzige Verbindung zwischen "Eurovision" und "Intervision" in Deutschland. Am 02.08.1960 wurde eine Richtfunkstrecke zum Kulpenberg (Kyffhäuser) in Betrieb genommen. Am 6. Juli 1961 wurden zwei neue 10-kW-UKW-Sender vom Funkwerk Köpenick in der 7. Turmetage für den "Deutschlandsender" und "Radio DDR I" in Betrieb genommen. Am 28. März 1963 Inbetriebnahme zwei weiterer 10-kW-UKW-Sender für den "Berliner Rundfunk" und "Radio DDR II". Am 6. Juli 1964 wird ein neues Notstromgebäudes mit allen Funktionen in Betrieb genommen Baubeginn war 1960. Am 10. Februar 1966 wurde ein neuer 10/2 kW-Fernsehsender aus dem Funkwerk Köpenick in der 5. Etage des Turmes in Betrieb genommen. Der Siemens-Sender von 1959 wurde zum Reservesender.
Am 1. November 1967 ging eine weitere 10/2-kW-Fernseh-Sende-Anlage der Firma Thomson in Betrieb, der erste UHF-Fernsehsender (Band IV). 1972 - 1973 erfolgte der Umbau des UKW-Senders auf Stereo-Betrieb. Im Juli 1972 wurde als Übergangslösung eine Band-IV-Antenne als 20 m hoher rot-weißer Zylinder aufgebaut. Am 15.05.1973 wurde ein neues Funktionsgebäude fertiggestellt und übergeben. Baubeginn war im Juni 1971. Es diente zur Unterbringung der Belegschaft und der Polizei. Am 7. Oktober 1973 wurde ein neuer 20/2 kW-Fernsehsender aus dem Funkwerk Köpenick für das Band IV in der 4. Etage des Turmes in Betrieb genommen. Hiermit konnte auch vom Brocken Farbfernsehen gesendet werden. Ab dem 19. April 1974 war auch die Band-III-Sendeanlage (Kanal 6) farbtüchtig umgerüstet. 1976 wurde ein neuer 123,5 m (mit Antenne 152 m) hoher Sendeturm stahlbaumäßig fertig gestellt (Baubeginn 1973), das neue Wahrzeichen des Brockens. Dieser Turm ist ein, auf vier Beinen stehender, Stahlrohrturm, der knapp oberhalb seiner Vierfußkonstruktion drei Richtfunkplattformen trägt. Am 22.05.1979 wurde die Band-IV-Behelfsantenne wieder abgebaut (Juli 1972 errichtet). Am 01.04.1985 wurde ein vollautomatischer 1-kW-UKW-Reservesender (Eigenbau) in der 6. Turmetage in Betrieb genommen. 1986 ging für den UKW-Reservesender eine 10-kW-Stufe in Betrieb. Am 30.11.1987 ging ein weiterer 1-kW-Eigenbau-UKW-Sender in Betrieb. Dieser speiste eine Eigenbau-Antenne mit dem Programm DT 64. Am 01.12.1990 wurden alle TV-Sender auf die PAL-Norm umgestellt. Im Oktober 1993 wurde der Rohrmast auf dem Turm, langjähriges Wahrzeichen, abgebaut. Am 08.09.1994 gingen die letzten alten Sender im Turm außer Betrieb. Am 23.12.1994 endete der Schichtbetrieb. Die Überwachung des Senders Brocken erfolgte durch den Leitplatz Colm, später Leipzig. Am 14.12.1995 erfolgte die feierliche Übergabe eines neuen Betriebsgebäudes. Am 01.11.2007 wurden die Fernsehsender auf dem Brocken auf digitalen Sendebetrieb umgestellt, alle Umsetzer werden abgeschaltet, im Band III gibt es keinen Fernsehbetrieb mehr. Die neuen Sendefrequenzen liegen im UHF - Bereich, Kanäle 29, 30 und 34 mit je 4 Programmen je Kanal. Heute dient der "alte Fernsehturm" als "Brockenherberge" und Aussichtsturm und besitzt eine mit dem Aufzug erreichbare verglaste Aussichtsplattform. Über dieser befindet sich noch eine Radaranlage der Deutschen Flugsicherung. Der Turm hat heute eine Höhe von 53 m. Die abgebaute Siemens-Sendeanlage ist im Postmuseum Berlin ausgestellt.
Die geographische Lage macht den Standort insbesondere für die Ausstrahlung von UKW-Hörfunk attraktiv. Der Rundfunk der DDR konnte bis 1990 über den Brocken in weiten Teilen der BRD empfangen werden. Abgedeckt wurden die östliche Hälfte Niedersachsens mit den Großräumen Hannover und Braunschweig, Nord- und Osthessen, nördliche Randgebiete Bayerns, das östliche Nordrhein-Westfalen bis in die Ausläufer des Ruhrgebiets, Bremen und teilweise auch Hamburg und Berlin. In der DDR deckte der Sender nahezu ganz Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie den Großraum Leipzig in Sachsen ab. Der Sender Brocken hatte in Deutschland eines der größten Versorgungsgebiete und gilt als reichweitenstärkste und leistungsfähigste deutsche Sendeanlage im UHF-/VHF-Bereich. Im theoretischen Einzugsgebiet des Senders Brocken leben 25 Millionen Menschen, das übertrifft in Deutschland kein anderer Sender. Durch Überreichweiten konnten die DDR-Sender oft auch in Skandinavien empfangen werden. Quelle: [10] Übrigens:
Es ist nur eine Legende, dass das "Westfernsehen" des NDR, welches in großen Teilen der DDR zu empfangen war, vom Sender Brocken ausgestrahlt wurde. Quelle: [10]
Quellen: [10], [133], [141]
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