Geschichte des Funkwesens |
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Sender Leipzig – Wiederauzusammengetragen von: Jürgen Tiedmann
Rundfunksender
Fernsehsender
Im September 1931 begann der Bau des Sendehauses und von zwei Antennenmasten aus amerikanischen Pitchpinienholz. Am 28. Oktober 1932 war die feierliche Einweihung des neuen Großsenders Leipzig. Er hatte seinen Standort in einem 19,8 km von Leipzig entfernten Dorf, in Wiederau. Die genaue Entfernungsangabe der 19,8 km war damals wichtig da die Gesetzeslage forderte, dass der Name eines Senders nur den Namen der Stadt tragen durfte, wenn er nicht weiter als 20 km davon entfernt war. Dadurch war die offizielle Bezeichnung "Großsender Leipzig" und nicht "Wiederau". Es handelte sich zu diesem Zeitpunkt, mit 150 kW modulierter Sendeleistung, um den größten und modernsten Sender des Deutschen Reiches mit den größten Holztürmen Europas. Die erste Antennenanlage bestand aus zwei 125 m hohen Türmen aus amerikanischem Pitchpinienholz im Abstand von 308 m, dazwischen 312 m Hanfseil gespannt, an dem die 90 m lange Reusen-Antenne (Vertikal-T-Antenne) hing. Unter der Antennenanlage befindet sich das Abstimmhaus, zu welchem die Energiefreileitung aus dem Senderhaus führt. Der Kaminkühler der Rückkühlanlage ist zwischen den Masten zu sehen.
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 21
Quelle: [14] Das Verbindungsseil zwischen den Masten wurde durch Gewichte selbsttätig gespannt.
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 21 Der Sender arbeitete mit 7 Stufen, von denen die ersten vier zur Herstellung der Trägerfrequenz dienten.
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 20 Die erste Stufe war kristallgesteuert, der Steuerquarz arbeitete auf der doppelten Welle, also mit der halben Trägerfrequenz. Die Senderwelle betrug 389,6 m, die Frequenz war daher 770 kHz, der Steuerquarz hatte die Eigenfrequenz von 385 kHz, was einer Eigenwelle von 779,1 m entsprach. Da die Eigenwelle des Quarzkristalls sehr temperaturabhängig war, befand er sich in einem Thermostaten, welcher die Temperatur des Kristalls auf zirka 1/2oo° C konstant hielt. Die erste Stufe lieferte zirka 3 Watt Hochfrequenzenergie. Diese steuerte die Stufe 2, in welcher die Leistung auf zirka 75 Watt verstärkt wurde. In der Stufe 3 erfolgte eine Frequenzverdopplung, so dass im Anodenkreis dieser Stufe schon die tatsächliche Senderfrequenz von 770 kHz (389,6 m) auftrat. Das Prinzip der Frequenzverdopplung wendete man als einfaches Mittel gerne an, um Rückwirkungen der folgenden Stufen auf die ersten Stufen zu vermeiden. Bei der ungeheuren Energievervielfachung, die von Stufe 1 bis 7 im Verhältnis 1 : 50.000 erfolgt, genügten naturgemäß schon kleine Beeinflussungen der Steuerstufen, um große Rückwirkungen auszulösen. Der Wirkungsgrad der Verdopplungsstufe war gering, die Nutzleistung dieser Stufe war daher wieder nur 75 Watt. In einer vierten Senderstufe wurde die Energie aus der dritten Kaskade auf etwa 300 Watt verstärkt. Die Senderstufe 5 war mit 2 Röhren je 2-kW-Leistung ausgerüstet. Im Gitterkreis dieser Stufe wurde die, von den ersten 4 Kaskaden erzeugte, Trägerwelle durch die Sprach- oder Musikschwingungen , die aus dem Studio über Besprechungskabel, Messeinrichtungen und zuletzt über einen zweistufigen NF-Verstärker (100 Watt) beeinflusst, moduliert. Die Modulation erfolgte nach der Gitterspannungsmethode derart, dass mit der Gittervorspannung hintereinander geschaltet die Niederfrequenzspannungen dem Gitterkreis aufgedrückt wurde, welche die Trägerfrequenz vom Anodenkreis der Stufe 3 enthielt. Die Stufen 6 und 7 übernahmen die Verstärkung der modulierten Energie. Sie verstärkten die Leistung im Verhältnis 1 : 120, wobei die 120 kW in der Antenne auftreten, zwischen der Antenne und der Stufe 7 traten allerdings noch geringe Verluste auf. Stufe 6 arbeitete mit zwei 40-kW-Wasserkühlröhren, in der Stufe 7 befanden sich 4 wassergekühlte Hochleistungsröhren mit je 150 kW. Alle Röhren waren Erzeugnisse der Telefunken Ges. m. b. H., Berlin.
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 20 Die Hochfrequenzenergie der Stufe 7 wurde in einer Siebkette weitestgehend von Oberwellen gereinigt und über eine Freileitung der Antenne zugeführt. Die Energieversorgung der Senderanlage geschah mit Ausnahme der Anodenenergie für die Stufen 5, 6 und 7, für welche ein Quecksilberdampfgleichrichter von 13.000 Volt Gleichspannung bei 40 Ampere Gleichstrom zur Verfügung stand, durch rotierende Umformer.
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 20
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 20 Die ganze Energieversorgungsanlage war mit 100% Reserve ausgeführt. Zu einem Maschinensatz gehörten:
Auch die Rückkühlanlage war mit 100% Reserve ausgerüstet. Die Anlage war zweikreisig. Das destillierte Wasser, welches mit den Anoden der Wasserkühlröhren in Berührung kam, durchlief über eine Pumpe einen geschlossenen Kreislauf. Dieses wurde in einem Gegenstromkühler durch gewöhnliches Wasser rückgekühlt, welches im Kreislauf eines Kaminkühlers lag. Die Rückkühlanlage konnte 480.000 Wärmeeinheiten pro Stunde vernichten.
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 21 Zur Erprobung und Prüfung des Senders stand eine aus wassergekühlten kreuzgewickelten Widerständen gebildete künstliche Antenne zur Verfügung, in welcher 120 kW umgesetzt werden konnten.
 
Quelle: [224] 1932, Heft 6, S. 21 Für den Sender ("Wiederau 1") der Firma Lorenz setzte man 4 Stück der modernen wassergekühlten Röhre RS 267 ein. Jede Röhre benötigte 330 A bei 35 V für die Heizung, 10 kV Anodenspannung und hatte ein Gewicht von über 30 kg. Quelle: [4] Wolfgang Eckardt
Quelle: [1] Die Sendungen des neuen Großsenders waren jedoch nur in einem Umkreis von etwa 80 km wirklich gut zu empfangen und starke Schwunderscheinungen (Fading) störten vor allem nachts. Nach ausführlichen Untersuchungen und Messungen kam es danach zu einigen Umbauten. Am 14. Januar 1934 kam es durch elektrische Aufladung zu einem Brand eines Holzmastes in 98 m Höhe. Im Sommer 1935 wurden die beiden Antennentürme abgerissen. Sie wurden durch einen 155 (156) m-Holz-Fachwerkturm ersetzt, in dem eine Vertikalantenne hing. Der neue Turm war damals das höchste hölzerne Bauwerk in Ostdeutschland und bis zum 27. Oktober 1953 das Wahrzeichen von Wiederau. An diesem Tag erfolgte dann auch seine Sprengung. Gleichzeitig modernisierte man die Senderendstufe und der erneuerte Großsender ging am (03.) 15. Oktober 1935 mit den damals modernsten Röhren RS 300 in Betrieb.
Quelle: [1] 1939 wurde eine zweite Sendeanlage (ebenfalls Lorenz) mit einem 100 kW-Sender errichtet die für einen schnellen Frequenzwechsel ausgelegt war. Eine Dreieckflächenantenne war für jede Frequenz im MW-Bereich geeignet. Sie war bis in die 1990er Jahre in Betrieb.
Der Sender war mit den Röhren SRW 357 bestückt, welche im März 2010 noch vorhanden waren.
Quelle: [4] Sven Heymann Dreiecksflächenantenne: Quelle: [1] Von 1940 bis 1945 war Leipzig II der Muttersender für alle im Gleichwellenbetrieb angeschlossenen Sender. Das "Gleichwellennetz" konnte dazu genutzt werden die Navigation alliierter Bomber im 2. Weltkrieg zu erschweren. Zusätzlich wurden zwischen 1943 und 1945 vier Kurzwellensender der Firma SFR Paris zur Störung des Funkverkehrs betrieben.
Quelle: [14] Am 12. April 1945 verstummte die Sendeanlage durch Ausfall der Stromversorgung, am 16. April besetzten US-amerikanische Soldaten das Sendegelände, danach (01. Juli 1945) übernahmen noch 1945 sowjetische Truppen den Standort. Am 2. September 1945 nahm Wiederau den Sendebetrieb mit dem Programm "Radio Leipzig" wieder auf, wurde aber bald darauf als Außenstelle der "Berliner Rundfunk GmbH" mit lokalen Meldungen aus Leipzig festgelegt. Am 07.12.1945 nahm der "Mitteldeutsche Rundfunk" den Sendebetrieb auf. 1946 sendeten bereits wieder 2 Mittelwellen- und ein Kurzwellensender. 1953 wurde ein neuer, 156 (154) m hoher, Stahlrohr-Sendemast (Durchmesser 1,5 m) gebaut. Er war gegen Erde isoliert. Die J-1-Antenne ging am 19. September 1953 in Betrieb. Quelle: [1] Es begann der Bau eines neuen Diesel- und Umspannhaus sowie von zwei 15-kV-Einspeisungen. Am 27. Oktober 1953 erfolgte die Sprengung des Holz-Fachwerkturms aus dem Jahr 1935.
Am 20. Juli 1957 wurde die Netzersatzanlage mit zwei 1000-PS-Schiffsdieseln aus der Görlitzer Maschinenfabrik erneuert. Sie haben eine Leistung von je 1.000 PS.
1958 wurde das Gelände mit einem Deich geschützt, da dieses im Mai 1954 bis zu 70 cm überschwemmt war. Ein neues Sendehaus für UKW- Rundfunk und Fernsehen wird gebaut. 1959 erhielt der Sendemast eine Antenne für UKW-Rundfunk und Fernsehen auf seine Spitze. Hierdurch erhöhte sich seine Höhe auf 236 Meter. Am 05. September 1959 ging der erste 10-kW-TV-Sender mit einem Testprogramm (vermutlich DFF) außerhalb des Kanalrasters auf Sendung. Am 01. November 1959 übernahm Wiederau das Fernsehprogramm vom Sender Leipzig Karl-Marx-Hochhaus. Dieser ging am gleichen Tag außer Betrieb. Am 30. April 1960 ging der erste UKW-Sender mit dem Programm von "Radio DDR" in Betrieb. Am 12. Mai 1960 ging der zweite UKW-Sender mit dem Programm des "Berliner Rundfunks" in Betrieb. Am 20.05.1963 ging der 120 kW-Mittelwellensender aus dem Jahr 1932 außer Betrieb und wurde abgerissen. Am 15. September 1964 wurden erste UKW-Stereosendungen getestet. Am 19.12.1964 wurde ein neuer 100 kW-Mittelwellensender aus dem VEB Funkwerk Köpenick in Betrieb genommen: Quelle: [1] 1968/69 wurde ein zweiter, abgespannter, Sendemast mit einer Höhe von 211 Metern errichtet. Dieser ist im Unterschied zum alten Mast geerdet und kann deshalb nur zur Verbreitung von UKW- und Fernsehprogrammen (UHF Band IV) verwendet werden. Quelle: [1] Bau eines Sendehauses für einen neuen 100 kW Kurzwellensender und für UHF-Fernsehsender. Am 03. Oktober 1969 ging der erste UHF-Fernsehsender mit "DFF 2" in Betrieb. Am 13. März 1971 wird eine 5 kW Sendeanlage zur Ausstrahlung der "Messewelle Leipzig" in Betrieb genommen. Zu den "normalen" Sendezeiten wurde hierüber das Programm des Berliner Rundfunks ausgestrahlt:
Der erforderliche 51,6 m hohe Antennen-Gittermast mit Dachkapazität diente noch lange Zeit als Reserveantenne für Mittelwelle: Quelle: [1] Am 09.10.2007 wurden die letzten analogen Fernsehsender ausgeschalten. Digitale Fernsehsender wurden nicht hier errichtet da Wiederau dafür zu weit weg von Leipzig liegt.
Quellen: [4], [14], [10], [67], [224]
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